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1922

Auf der Isle of Man hatte der englische Uhrmacher John Harwood die Vision von einer neuartigen, möglichst zuverlässigen Armbanduhr, denn die zu dieser Zeit neu entstandenen ersten Uhren für das Handgelenk wiesen noch erhebliche Mängel auf. Immer wieder waren Staub und Feuchtigkeit die entscheidenden Faktoren für Ungenauigkeiten und Funktionsstörungen. Sein besonderes Augenmerk richtete John Harwood deshalb auf die Entwicklung eines andersartigen Aufzugs- und Zeigerstellmechanismus‘, der im Inneren der Uhr seinen Platz finden musste, um die Gehäuseöffnung für die Aufzugswelle der Uhr zu eliminieren.

Wie so oft war es auch hier der Zufall, der John Harwood bei seiner Entwicklung die zündende Idee lieferte. Spielende Kinder auf einer Wippe brachten ihn der Lösung zu seinem legendären „Selbstaufzugsmechanimus“ näher. Die Bewegungsenergie des Trägers zum Spannen der Uhrenfeder einer Armbanduhr zu nutzen war eine geniale Idee. Als Synthese einer Reihe von Versuchen entstand der erste Prototyp einer Armbanduhr mit Selbstaufzug aus einer ausrangierten Taschenuhr. Ein Kronenaufzug fehlte völlig und das Einstellen der Zeiger erfolgt mittels einer kannelierten Drehlünette, die auch zum Aufzug des Uhrenwerkes diente. Ein roter Punkt, der in der Zifferblattöffnung oberhalb der „6“ sichtbar wurde, signalisierte die Funktionsbereitschaft.

John Harwood war mehrfach in die Schweiz gereist, denn nur hier waren die technischen Voraussetzungen für die Realisation seiner Erfindung zu finden. Am 1. September 1924 wurde ihm von der Schweizerischen Eidgenossenschaft zu Bern für seine bahnbrechende Erfindung der ersten Armbanduhr mit Selbstaufzug das Patent Nr. 10 65 83 erteilt.

Die HARWOOD Automatik bezog ihre Kraft über Klinken und Räderwerk von einer zentrisch montierten Pendelschwungmasse, die im Winkel von 270 Grad rotierte und beidseits auf Federpuffer aufschlug (sogenannte Hammer-Automatik).

 

 

1918, Referenzschreiben für John Harwood von seinem Lehrherrn Hirst Bros. + Co.Ltd., Oldham

1924



John Harwood war Uhrmacher und ein begnadeter Erfinder. Von der Erfindung einer durch Wind betriebenen Holz-Sägemaschine bis zu einem betrugssicheren Kartenmischtisch reichte die Kreativität seines freien Geistes. Ein Verkehrsunfall setzte seinem Leben 1964 ein jähes Ende.


1987
Nachlass von John Harwood, Sotheby’s Katalog

 

1926



Anlässlich der Basler Messe 1926 wurde die ersten in Serie gefertigten automatischen Armbanduhren der Welt einem interessierten internationalen Publikum vorgestellt. Die HARWOOD Automatik steht am Beginn der Armbanduhrengeschichte und beeinflusste die weitere Entwicklungsgeschichte der automatischen Armbanduhr.

Eine Uhr am Handgelenk zu tragen wurde von den Uhrmachern der Zeit als „Verwirrung der Weiblichkeit“ bezeichnet. Einen so sensiblen Mechanismus an so einem exponierten Platz wie dem Handgelenk zu tragen war völlig unakzeptabel. Es waren die Damen, die sich Uhren für das Handgelenk wünschten. Die voranschreitende Beschleunigung des Alltags brauchte ein neues Zeitmanagement, und das ließ sich mit der HARWOOD Automatik perfekt organisieren. Die Harwood Selfwinding Watch Co. wurde 1928 als Finanzierungsgesellschaft gegründet.

Die Fabrikation und Distribution der HARWOOD für die internationalen Märkte erfolgte in Grenchen in der Fabrik von Walter Vogt. Die ansprechende Warenpräsentation in den besten Uhrengeschäften Englands fand John Harwood wundervoll und er genoss es, ohne überheblich zu werden.

Die Autorist war eine weitere patentierte Uhrentwicklung von John Harwood. Diese Uhr zog sich über einen Mechanismus am Bandanstoß automatisch auf. Ihr rechteckiges Design traf den Zeitgeschmack und die professionelle Verkaufsunterstützung der Handelspartner mit wohl durchdachten Werbemitteln sorgte für rasch wachsenden internationalen Erfolg. Um die Qualität für seine automatischen Armbanduhren zu gewährleisten, entwickelte John Harwood eine spezielle Apparatur, den „Uhrenbeweger“ der bis zu 12 Uhren gleichzeitig aufzog.

 


1929, HARWOOD Katalogtitel



1928



„Verehrte An- und Abwesende! Wenn Ihr den Rundfunk höret, so denkt auch daran, wie die Menschen in den Besitz dieses wunderbaren Werkzeuges der Mitteilung gekommen sind. Der Urquell aller technischen Errungenschaften ist die göttliche Neugier und der Spieltrieb des bastelnden und grübelnden Forschers und nicht minder die konstruktive Phantasie des technischen Erfinders. Sollen sich auch alle schämen, die gedankenlos sich der Wunder der Wissenschaft und Technik bedienen und nicht mehr davon geistig erfasst haben, als die Kuh von der Botanik der Pflanzen, die sie mit Wohlbehagen frisst.“
Die live im Radio übertragene Eröffnungsrede zur 7. Internationalen Funkausstellung in Berlin von Albert Einstein.

Die fantastischen Möglichkeiten des Rundfunks erlaubten in Zukunft einer breiteren Bevölkerungsgruppe den Empfang von Informationen.

Triebfeder für den wirtschaftlichen Aufschwung in den „Goldenen 20ern“ waren die technischen Errungenschaften seit der Jahrhundertwende mit einer Vielzahl neuer Konsumprodukte. Beschleunigte Produktionsprozesse, stagnierende Absatzmärkte und großzügige Kaptitalvergabepraxis der Banken führten 1929 zur Weltwirtschaftskrise, deren Beginn der Börsenkrach vom 14. Oktober markierte als die Aktienbörse in New York kollabierte. Die HARWOOD Watch Co. verlor ihre Kapitalgeber und dem aufkeimenden, internationalen Erfolg war ein jähes Ende beschieden.

Die HARWOOD Automatik mit ihrem Hammeraufzug bekam 1931 Konkurrenz durch die Erfindung des „Rotors“, einem patentierten neuen Aufzugsystem, bei welchem ein Gewicht um 360 Grad rotierend, das Uhrwerk aufzog. Im Zuge der Promotion der Rolex Oyster Perpetual kam es zu einer Korrespondenz zwischen Harwood und Rolex darüber, wer den automatischen Aufzug erfunden habe. Man einigte sich und Rolex änderte seine Anzeige, wie das untenstehende Beispiel zeigt. Das Portrait von John Harwood wurde in die Rolex Anzeigen integriert. Eine mit Bedauern ausgesprochene Entschuldigung seitens Rolex im Jahre 1956 bestätigte John Harwoods Urheberschaft als Erfinder der ersten automatischen Armbanduhr der Welt.

1956, Rolex Anzeige in The Sunday Express

1956, Entschuldigung in The Sunday Express


1930, Albert Einstein auf der 7. IFA in Berlin

1929, Menschenauflauf an der Wall Street am Schwarzen Donnerstag

1928, Flying City, Georgy Krutikov

Die russische Avantgarde reflektierte den Kosmos bereits zu einer Zeit, als die Raumfahrttechnologie noch in den Kinderschuhen steckte. Kasimir Malevich und sein Zeitgenosse El Lissitzky arbeiteten an Utopien für eine Zukunft der Menschen in der Umlaufbahn. In seiner Diplomarbeit illustrierte der russische Architekt Georgi Krutikow 1928 mit seinem Werk „Fliegende Stadt“ die Visionen interstellarer Raumschiffe, die gleichzeitig Wohn- und Arbeitsstätte und Fortbewegungsmittel waren.

1929



Am 2. Juli 1900 begann in Deutschland mit dem Jungfernflug des ersten Luftschiffs ein besonderes Kapitel der Fliegerei in Friedrichshafen am Bodensee. Die „Graf Zeppelin“ erhielt ihren Namen von Ferdinand Graf von Zeppelin, der das erste funktionstüchtige Luftschiff konstruiert und gebaut hatte.

Die Weltumrundung von 1929 war der größte Erfolg in der Geschichte der Zeppelin-Fahrt. Diese Reise wurde in mehreren Abschnitten zwischen dem 1. August und dem 4. September 1929 in östlicher Richtung absolviert. Start und Ziel in Lakehurst waren von dem US-amerikanischen Verleger William Randolph Hearst gewünscht worden, der sich durch finanzielle Beteiligung die Exklusivrechte für die Berichterstattung gesichert hatte. Es kam zu Zwischenlandungen in Friedrichshafen, Tokio und Los Angeles. Lady Grace Drummond-Hay begleitete die spektakuläre Reise der LZ 127. Als Journalistin berichtete sie in täglich neuen Beiträgen für das Hearst- Presseimperium über die einzelnen Etappen dieser fantastischen Reise. Die moderne Frau trug eine HARWOOD Automatik an ihrem Handgelenk. Damit war sie die beste Botschafterin für diese neue Generation von Armbanduhren.

Der Luftschiff Kommandant Hugo Eckener landete die „Graf Zeppelin“ nach 35 Tagen in 6 Etappen und insgesamt 49.618 absolvierten Kilometern auf sicherem Boden in Lakehurst, New Jersey. Ab 1930 wurde ein transatlantischer Liniendienst eingerichtet und trotz Weltwirtschaftskrise und der Konkurrenz durch Flugzeuge beförderte die „Graf Zeppelin“ bis 1936 jährlich steigende Zahlen von Fahrgästen zwischen Europa und Amerika.

Medaille zur ersten Weltumrundung eines Zeppelin




Die britische Journalistin Lady Drummond-Hay

 

 

 

 

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